Samstag, 16. Februar 2008
Der Fisch stinkt vom Kopf her
Unser Bundesfinanzminister kann das auch vornehmer formulieren: «Es sind die Eliten, die das System zum Einsturz bringen»

Einige seiner Kollegen formulieren lieber etwas drastischer. So meint Kurt Beck: «Das ist ein neuer Fall von unglaublicher Chuzpe und Gier.» und Peter Struck warf Zumwinkel «Raffgier-Mentalität» vor.

Die Union formuliert vorsichtiger. So spricht z. B. Michael Fuchs von einem «Trauerspiel».

Wie immer man diese Phänomen auch bezeichnen will, so wird doch klar, daß die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gegeben ist. Dabei ist eine kleine Steuerhinterziehung noch das geringste Übel. Für sehr viel schlimmer halte ich z. B. die fetten Abfindungen, die sich die Seilschaften in unseren sogenannten Eliten zuschustern und die Rückendeckung, die sie sich auch bei groben Verfehlungen gegenseitig zukommen lassen.

Ein schönes Beispiel für diese Nieten ist Jürgen Schrempp. Den Ausdruck "Niete" bringe ich nicht zufällig mit Schrempp in Zusammenhang. Günther Ogger erwähnte Jürgen Schrempp nämlich in seinem Buch "Nieten in Nadelstreifen" für die gewagte (und gescheiterte) Umstrukturierung der DASA. Wenn Schrempp auch als Manager scheiterte, so hatte er doch offensichtlich ein gutes Händchen bei der Pflege seiner Seilschaften. Wie sonst ist es zu erklären, daß er nach der DASA-Pleite bei Daimler einen zweiten Versuch starten konnte?

Manchmal träume ich. Ich träume zum Beispiel von einem System, bei dem ein Topmanager automatisch das 20-fache Gehalt eines Arbeiters bekommt. Wenn der Manager mehr verdienen will, muß er nun dafür sorgen, daß seine Mitarbeiter ihr Auskommen haben. So etwas nenne ich soziale Marktwirtschaft.

Nachtrag: Noch ein schöner Traum, wenn auch nicht meiner: http://rebellmarkt.blogger.de/stories/1048078/#1048226

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Strukturelle Schwächen in "der Wirtschaft"
Meiner Meinung nach ist deine Einschätzung völlig richtig. Das Problem sind weniger die Steuerhinterziehungen (obwohl die so klein, wie du schreibst, nun auch wieder nicht sind) - sondern die strukturellen Schwächen in "der Wirtschaft" wie z.b. die fehlende Kontrolle der Spitzenmanager bzw. des Vorstandes durch den Aufsichtsrat. Also das, was du zugespitzt "Seilschaften" genannt hast. Dieses Problem ist eigentlich seit Jahren bekannt, Stichwort "Corporate Governance", aber bis heute nicht gelöst. Wie sonst sind immer noch solche Fälle wie Siemens, Daimler (mal mit, mal ohne Chrysler), Mannesmann, ... möglich?

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Die Fälle wie Siemens, Daimler, Mannesmann sind möglich, weil diese Seilschaften real existieren. Der Vorstand des Einen sitzt im Aufsichtsrat des Anderen und umgekehrt. Wenn nicht direkt, dann über einige Ecken.

Die Kontrollinstanzen sind zwar gut gemeint, werden aber durch die personellen Verflechtungen nahezu vollständig ausgehebelt.

Diese Seilschaften meinte ich keinesfalls "zugespitzt". Ich verwende nur lieber Alltagsbegriffe als diese Anglizismen, deren Bedeutung und Kernaussage oftmals umstritten, nicht allgemein bekannt oder einfach nur wörtliche Betäubung sind.

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Aufsichtsräte nicken nur ab
Du bringst es genau auf den Punkt: "Die Fälle ...sind möglich, weil diese Seilschaften real existieren ... Die Kontrollinstanzen ... werden durch die personellen Verflechtungen ... ausgehebelt". Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, ist es Deutschland nicht verboten, vom CEO-Posten an die Spitze des Aufsichtsrates zu rücken. Das Problem dabei: welcher Aufsichtsratsvorsitzende wird schon die eigenen Fehler aus seiner eigenen CEO-Zeit, deren Folgen ja meist erst nach Jahren sichtbar werden, aufdecken. Darüber hinaus werden Aufsichtsräte ihrem Namen in vielen Fällen nicht gerecht, d.h. sie überwachen nicht die Geschäftspolitik, sondern sie kontrollieren (oder sollte man sagen: nicken ab) bestenfalls die Resultate. (Beleg: "Untersuchung des Lehrstuhls für Unternehmensführung der Uni Dortmund", die darin von einem insgesamt "ernüchternden" Bild spricht). Dies alles, obwohl dem Chef des Aufsichtsrates eine immer wichtigere Rolle zukommt. Oft führen er und "sein" Vorstandsvorsitzender das Unternehmen in einer Art Doppelspitze. Das Schremp solange im Amt bleiben konnte, lag vor allem an seinem engen Verhältnis zum Aufsichtsratschef. Auf Drängen Koppers wurde Schremps Vertrag gleich zweimal verlängert. Im Gegenzug machte sich Schremp für die Verlängerung von Koppers Mandat stark...

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